Diese Serie, die im Winter 2024/205 in Berlin und Hamburg entstand, präsentiert meinen Versuch, fotografisches Sehen unter Low-Light-Umständen zu entwickeln, um den langen mitteleuropäischen Winter produktiv zu nutzen und den Nachteil fehlenden Tageslichts in eine künstlerisch herausfordernde Challenge zu wenden.

Meine ersten Fotogänge an herbstlichen Vorabenden, die mich wie die Motte zum Licht an die hellsten Stellen der Stadt führten, fühlten sich an, als ob ich noch einmal neu mit der Fotografie begänne, denn die Motive, die ich bisher gesucht und gefunden hatte, lagen nun im Dunkeln.

Schnell war ich entmutigt, denn ich stapelte lediglich Klischee auf Klischee, immer wieder fand ich einsame Personen vor beleuchteten Spätis, ganz so als ob ich derart nur unbewusst kopierte, was ich zuvor bei Instagram aufgesogen hatte.

Doch ganz langsam, nach drei langen mühevollen Monaten, die mich mehrmals an den Rand der Aufgabe brachten, hatte ich eine Handvoll von Fotos zusammen, die ich mochte; Fotos, welche Tiefe besaßen, die über Zeit zu einer stimmigen Serie wuchsen und welche ich inzwischen als meine besten erachte.

Es waren einerseits jene Fotos, die aus meiner Neugier auf Abstraktion erwachsen waren: Verwirrende Spiegelungen, Reflexionen in mehreren Ebenen, ungewöhnliche Perspektiven, Lichteffekte durch filternde Oberflächen; eine erstaunliche farbige Nacht. Diese trafen auf Szenen, in denen sich Menschen vereinzelt in der Masse wiederfinden, nur vorbeihuschende Silhouetten, wie ihr entfremdeter Großstadtalltag.

Und dann gab es noch jene Szenen eines Berliner oder Hamburger Abendgesangs: Abgeschabte, nächtliche Romantik in Bars und auf alten Sofas, Kreuzberger Nighthawks wie aus einem knarzendem Tom Waits-Album, lockende Leuchtreklamen auf St. Pauli als dünne Fassade für Vulgarität, Zerfall und billige Kicks.

Diese Stimmung aus melancholischer Großstadtromantik gebrochen durch verzerrte Entfremdung, kalt und warm, distanziert und teilnehmend zugleich, prägte meine fotografische Reise durch die Winternächte.