Berlin (2023-2025)
Ich bin Ostberlin, im Prenzlauer Berg, aufgewachsen, wo ich in den Neunzigern ein Teenager und junger Erwachsener war. Unweigerlich hat mich diese Zeit und meine Sicht auf urbane Freiräume geprägt. Die Neunziger sind längst vergangen, Berlin wurde normalisiert und gentrifiziert und irgendwann steht man dann am Mercedes-Platz und erkennt, dass der Mythos Berlins in Plastik verpackt und verkauft wurde. Deshalb wurde mir Berlin überdrüssig, ich kannte meine Heimatstadt nicht mehr.
Die Fotografie jedoch, die ich als eine Praxis des eintauchenden Beobachtens und Sehens begreife, diese seltsam gesteigerte Wahrnehmung hat mir wieder die Augen für den unfertigen, ewig ungekämmten, widerständigen, dreckigen und bunten Kern dieser Stadt geöffnet. Das Leben pulst in Berlin und ich finde kleine Geschichten an banalen Ecken, nachdenkliche Gesten in desolaten Szenen, Zärtlichkeiten an bleigrauen Tagen, Dreck, Graffiti, Flohmärkte und wirre Schienen zwischen Alexanderplatz und Herrmanstraße, Gen Z und Expats zwischen Kebaphaus und Midcentury-Design, Welt- und Zeitgeschichte zwischen Zentrum und Stadtrand.
Das ist das Mosaik meiner "Zuhausestadt, die ich trotzdem mag, denn man sieht ihr alles an" (Katharina Kollmann), wo bedeutungsvolle Belanglosigkeiten und romantische Tristessen das Gewebe des Alltags bilden.